Grete Müller, Porträtfotografie um 1920.

(Stadtarchiv Nürnberg C21/VII Nr. 107)

Grete Müller, Porträtfotografie um 1930.

(Stadtarchiv Nürnberg C21/VII Nr. 107)

Rot umrandet die Heideloffstraße 24. Ein Haus existiert heute an dieser Stelle nicht mehr, die Bebauung hat sich vollständig verändert. Nördlich davon verlaufen die Gleise des Hauptbahnhofs, der am oberen linken Bildrand zu erkennen ist. Der Bahndamm wir in diesem Bereich von zwei Unterführungen durchbrochen, dem Allerberger Tunnel (links) und dem Marientunnel (rechts). Luftaufnahme 1927.

(Stadtarchiv Nürnberg, A 97 Nr. 357)

Grete Müller

(1898-1940)

Verlegeort: Heideloffstraße 24 Stadtteil: Glockenhof
Patenschaft: Rotary Club Nürnberg Kaiserburg Verlegedatum: 11. Juni 2021

Biografie

Gunter Demnig verlegte am 11. Juni 2021 sechs Stolpersteine für Opfer nationalsozialistischer Medizinverbrechen in Nürnberg. Deren Lebensweg erforschten Schülerinnen und Schüler eines P-Seminars des Hermann-Kesten-Kollegs Nürnberg unter der Leitung von Dr. Maren Janetzko und Dr. Pascal Metzger. Das Projekt wurde in Kooperation mit Geschichte Für Alle e.V. durchgeführt. Die Seminarteilnehmer warben beim Rotary Club Nürnberg Kaiserburg erfolgreich um eine Spende für die Verlegung. In dem Projekt wurde unter anderem die Biografie von Grete Müller rekonstruiert. Aufgrund einer psychischen Erkrankung fiel sie dem „Euthanasie“-Programm zum Opfer.

Margarete, genannt Grete, Müller wurde am 30. September 1898 als ältere von zwei Schwestern in Nürnberg geboren. Ihr Vater Georg Müller war Geschäftsführer der lokalen Gruppe des „Deutschen Werkmeister-Verbands“, ihre Mutter Auguste, geborene Fischer, arbeitete als Schneiderin. Die Familie wohnte in der Heideloffstraße 24.

Grete reiste bereits als Jugendliche viel umher und erlernte mehrere Berufe: Zunächst absolvierte sie eine Wissenschaftliche Frauenschule und war an verschiedenen Orten im Deutschen Reich als Erzieherin tätig. 1925 trat sie gemeinsam mit ihrer Schwester Dorothea in die Lohelandschule, eine lebensreformistische Frauenschule in der Nähe von Fulda, ein. Dort ließ sie sich zur Gymnastiklehrerin ausbilden. Anschließend besuchte sie Web- und Kunstwebkurse und gab auch selbst Unterricht.

Ein Treppensturz führte zu körperlichen Beschwerden, die trotz mehrerer Behandlungen in Krankenhäusern und Aufenthalten in Sanatorien eine Berufsausübung verhinderten. An diesem Umstand litt sie auch psychisch.

Im September 1934 wurde Grete in die Heil- und Pflegeanstalt Erlangen eingeliefert, wo man Schizophrenie diagnostizierte. Das Erbgesundheitsgericht Erlangen ordnete die Zwangssterilisierung an, aufgrund der dauerhaften Anstaltsunterbringung wurde der Eingriff jedoch ausgesetzt. Im Sommer 1938 ließ Gretes Mutter sie in ein katholisches Krankenhaus in Bamberg verlegen. Dort verbesserte sich ihr Zustand jedoch nicht. Nach kurzer Zeit wollte Grete zurück nach Erlangen, dort war aber kein Platz mehr frei. Deshalb nahm die Heil- und Pflegeanstalt Ansbach sie auf.

Die nationalsozialistische Ideologie teilte Menschen in „wertvoll“ und „wertlos“ ein. Unzähligen Menschen mit Krankheiten und Behinderungen sowie Personen, die an den Rand der Gesellschaft gedrängt waren, sprach der NS-Staat das Recht auf Leben ab. Man bezeichnete das als „Euthanasie“ und meinte damit planmäßige Vernichtung. In den Jahren 1940/41 wurden mehr als 70.000 Menschen in der staatlichen Tötungsaktion „T4“ ermordet. Das Mordprogramm erhielt seinen Namen nach dem Dienstsitz der durchführenden Behörde in der Tiergartenstraße 4 in Berlin.

Im Rahmen der „Aktion T4“ wurde Grete Müller am 3. Dezember 1940 in die Tötungsanstalt Schloss Hartheim bei Linz verlegt und in der Gaskammer ermordet.

- Bundesarchiv Berlin, R 179, Nr. 18809.

- Staatsarchiv Nürnberg, Erbgesundheitsgericht Erlangen, UR 708/1934.

- Staatsarchiv Nürnberg, Bezirkskrankenhaus Erlangen, Patientenakte Grete Müller.

- Stadtarchiv Nürnberg, C 21/IX Meldekarte.

Stolpersteine in der Nähe