Fritz Wurzinger, Porträtfotografie um 1920.

(Stadtarchiv Nürnberg, C21/VII Nr. 183)

Rot umrandet die Mittlere Pirckheimerstraße 20 (heute Pirckheimerstraße 30). Die Krelingstraße verläuft in der Bildmitte von Süd nach Nord. An deren oberen Ende ist die Oberfinanzdirektion Nürnberg (heute Landesamt für Steuern) zu erkennen. Luftaufnahme 1927.

(Stadtarchiv Nürnberg, A97, Nr. 217)

Fritz und Jenny Wurzinger

Verlegeort: Pirckheimerstraße 30 (ehemals: Mittlere Pirckheimerstraße 20) Stadtteil: Gärten hinter der Veste
Patenschaft: Jan Meyer Verlegedatum: 26. Juni 2022

Biografie

Am 26. Juni 2022 verlegte Gunter Demnig an acht Stellen im Stadtgebiet zehn Stolpersteine. Jan Meyer ließ Stolpersteine für das Ehepaar Fritz und Jenny Wurzinger sowie deren Sohn Stephan und Schwiegertochter Jenny verlegen. Die Eltern wurden in Treblinka ermordet, dem Sohn gelang mit seiner Frau die Flucht in die USA.

Fritz Wurzinger kam am 1. Mai 1870 als Sohn von Leonhard Wurzinger und Louise, geborene Hirschmann, in Ansbach zur Welt. Sein Vater arbeitete als Pferdehändler.

Im Juni 1896 heiratete Fritz in Nürnberg Jenny Ross. Sie war hier am 15. Juni 1876 geboren worden. Ihre Eltern waren Emanuel Ross und dessen Ehefrau Jette, geborene Hirschmann. Emanuel Ross besaß eine Tuchgroßhandlung, Fritz Wurzinger trat nach der Hochzeit in das Geschäft seines Schwiegervaters ein. Das Ehepaar Wurzinger bekam zwei Söhne: Stephan (geb. am 31. August 1897) und Alfred (geb. am 5. Juni 1901).

Nach dem Ersten Weltkrieg baute Fritz Wurzinger in Rückersdorf, etwa 15 Kilometer nordöstlich von Nürnberg gelegen, ein Wohnhaus mit acht Zimmern für die Familie.

Die Tuchgroßhandlung Gebr. Ross wurde Anfang der 1930er Jahre von Fritz Wurzinger und seinem Schwager Siegbert Ross geführt. Nachdem Siegbert gestorben war, wanderten seine Witwe und sein Sohn um das Jahr 1934 über Italien nach Südamerika aus.

Alleine wollte Fritz das Unternehmen nicht weiterführen und liquidierte die Tuchgroßhandlung. Stattdessen eröffnete er ein Einzelhandelsgeschäft für Tuchwaren in der Färberstraße 37/39, das aufgrund von Boykottaufrufen und -maßnahmen aber nicht lange bestand. 1937, im Alter von 67 Jahren, schloss Fritz auch dieses Geschäft.

Ein Jahr später verkaufte das Ehepaar Wurzinger das Anwesen an der Ludwigshöhe in Rückersdorf, da sie keine Hausangestellte mehr fanden und das große Haus allein nicht bewirtschaften konnten. Nach der sogenannten Reichskristallnacht zog das Ehepaar nach Nürnberg. Viele Juden aus dem Umland gingen diesen Schritt, weil man in der Großstadt anonymer lebte.

Fritz und Jenny Wurzinger mieteten eine Wohnung in der Mittleren Pirckheimerstraße 20. Das Haus gehörte jüdischen Eigentümern.

Nach zwei Jahren wurde das Ehepaar gezwungen, in eines der „Judenhäuser“ der Stadt in der Bauerngasse 18 umzuziehen. Von dort deportierte man sie am 10. September 1942 in das Konzentrationslager Theresienstadt. Nach etwa zwei Wochen wurden sie am 29. September 1942 in das Konzentrationslager Treblinka weiter deportiert und dort ermordet.

Ihren Söhnen Stephan und Alfred gelang mit den Ehefrauen 1938/39 die Flucht in die USA.

- Stadtarchiv Nürnberg, C 21/X Nr. 10 Meldekarte.

- Stadtarchiv Nürnberg (Hrsg.), Gedenkbuch für die Nürnberger Opfer der Schoa (Quellen zur Geschichte und Kultur der Stadt Nürnberg, Bd. 29), Nürnberg 1998, S. 387f.

- Stadtarchiv Nürnberg (Hrsg.), Gedenkbuch für die Nürnberger Opfer der Schoa, Ergänzungsband (Quellen zur Geschichte und Kultur der Stadt Nürnberg, Bd. 30), Nürnberg 2002, S. 64.

- Schreiben der American Federation Of Jews From Europa an die Jewish Restitution Successor Organization am 27. November 1951 [im Privatarchiv Jan Meyer].

Stolpersteine in der Nähe