Leo Katzenberger, Porträtfotografie um 1920.

(Stadtarchiv Nürnberg, C21/VII Nr. 77)

Klara Katzenberger, Leos Frau, Porträtfotografie um 1920.

(Stadtarchiv Nürnberg, C21/VII Nr. 77)

Max Katzenberger, Porträtfotografie um 1920.

(Stadtarchiv Nürnberg, C21/VII Nr. 77)

Klara Katzenberger, Max' Frau, Porträtfotografie um 1920.

(Stadtarchiv Nürnberg, C21/VII Nr. 77)

Blick durch die Praterstraße nach Norden. Die Villa Katzenberger mit der Hausnummer 23 ist das zweite Gebäude auf der rechten Seite. Fotografie März 1944.

(Stadtarchiv Nürnberg A39/I Nr. 605 R)

Rot umrandet die Praterstraße 23. Rechts der Bildmitte ist die Prateranlage zu erkennen. Sie grenzt direkt an den Spittlertorgraben. Es handelt sich dabei um den Rest eines ehemaligen Vorwerks der Nürnberger Stadtmauer. Am unteren Bildrand ist mittig die Brücke des Fürther Tors zu sehen, etwas nordwestlich davon ist die Grünanlage Rosenau zu erkennen. Luftaufnahme 1927.

(Stadtarchiv Nürnberg, A 97 Nr. 287)

Leo und Klara sowie Max und Klara Katzenberger

Verlegeort: Praterstraße 23 Stadtteil: Himpfelshof
Patenschaft: Hubert Rottner Defet, Thommy Barth u. a. Verlegedatum: 22. Mai 2004

Biografien

Am 22. Mai 2004 verlegte Gunter Demnig die ersten Stolpersteine in Nürnberg. Darunter befanden sich die Stolpersteine für die Brüder Leo und Max Katzenberger und ihre Ehefrauen. Alle vier überlebten den Holocaust nicht.

Der „Fall Katzenberger“ sorgte 1942 reichsweit für Aufsehen, als der Unternehmer und Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde Leo Katzenberger wegen „Rassenschande“ zum Tode verurteilt und hingerichtet wurde. Getragen von dem 1997 veröffentlichten Tatsachenroman „Der Jude und das Mädchen“ von Christiane Kohl und dem 2001 erschienenen Kinofilm „Leo und Claire“ von Joseph Vilsmaier gelangte der Justizmord wieder ins Blickfeld einer breiten Öffentlichkeit.

Lehmann [genannt Leo] Katzenberger wurde am 25. November 1873 in Maßbach in Unterfranken geboren. Er hatte elf Geschwister. Sein Vater Louis betrieb in Maßbach ein Geschäft für Herren- und Damenkonfektion, Schuhe und Kolonialwaren. Leo reiste in jungen Jahren viel umher, zeitweise lebte er in Paris. Als Kaufmann ließ er sich in Köln nieder und wurde Teilhaber einer Lack-Fabrik. Im April 1906 heiratete er Klara [genannt Claire] Sichel, die am 9. Oktober 1884 in Schlüchtern (Hessen) zur Welt gekommen war. Sie bekamen zwei Töchter: Käthe (* 9. Februar 1907) und Liselotte (* 26. September 1911).

Leos Brüder David (* 11. Februar 1875) und Max (* 8. Oktober 1878) hatten sich im Jahr 1901 in Nürnberg niedergelassen und betrieben das Schuhwarenhaus Springmann. Im Jahr 1912 holten sie Leo als geschäftsführenden Teilhaber zu sich nach Nürnberg. Die Firma expandierte in den 1920er Jahren und wuchs auf 25 Filialen im süddeutschen Raum an. Die Geschäftsführung befand sich im Haus Spittlertorgraben 19, nur wenige Gehminuten von der Praterstraße entfernt. Das größte Ladengeschäft betrieb man in bester Nürnberger Innenstadtlage in der Karolinenstraße 36.

In Nürnberg wohnte Leo mit seiner Familie zuerst in der Bucher Straße 19, bevor er im Oktober 1918 zusammen mit seinem Bruder Max die Villa in der Praterstraße 23 kaufte und bezog. Max lebte dort mit seiner Ehefrau, die wie ihre Schwägerin ebenfalls Klara Sichel mit Geburtsnamen hieß und am 14. November 1892 in Kassel zur Welt gekommen war.

Zeitgenossen beschrieben Leo Katzenberger als sehr für das Gemeinwohl engagiert. Ab 1932 war er Stellvertretender Vorsitzender der Israelitischen Kultusgemeinde Nürnberg. Er vertrat dort den Verein „Adas Israel“, in dem sich die orthodoxen Gläubigen versammelten. Man besaß eine eigene Synagoge, spaltete sich formell aber nicht von der mehrheitlich liberalen Gemeinde ab. Ende 1939 übernahm Leo Katzenberger dann das Amt des Ersten Vorsitzenden der Kultusgemeinde.

Behinderungen und Boykottaktionen durch die Nationalsozialisten machten den Schuhhändlern ab Mitte der 1930er Jahre zunehmend zu schaffen. In der Pogromnacht vom 9./10. November 1938 wurden mehrere ihrer Geschäfte zerstört. In der Folge mussten die Gebrüder Katzenberger ihre Immobilien gezwungenermaßen zu sehr niedrigen Preisen verkaufen, wobei staatliche Stellen die Auszahlung der bescheidenen Kaufsummen noch verhinderten. Die Villa, in der sie noch einige Räume bewohnen durften, war von dieser als „Arisierung“ bezeichneten Enteignung ebenfalls betroffen. Leos und Max' Kinder waren zwischen 1932 und 1938 nach Palästina emigriert. Als Leo und Max mit ihren Ehefrauen diesen Schritt gehen wollten, war es bereits zu spät und sie konnten das Deutsche Reich nicht mehr verlassen.

1942 wurde Leo Katzenberger Opfer der NS-Justiz: Auslöser waren Gerüchte, die sich Anwohner der Rosenau, wo die Villa und der Firmensitz lagen, schon jahrelang erzählten: Angeblich pflege Katzenberger eine Affäre mit der „arischen“ Fotografin Irene Seiler (geborene Scheffler), mit deren Vater er befreundet war und der er eine Wohnung im Anwesen Spittlertorgraben 19 vermietet hatte.

Der als „Blutrichter“ verschriene Vorsitzende des Nürnberger Sondergerichts Dr. Oswald Rothaug verurteilte Leo Katzenberger in einem aufsehenerregenden Schauprozess im März 1942 zum Tode. Als Grundlage für das Urteil zog er das sogenannte „Blutschutzgesetz“ heran, das als Teil der „Nürnberger Gesetze“ körperliche Beziehungen zwischen Juden und „Deutschblütigen“ unter Strafe stellte. Zusätzlich bemühte Rothaug die „Volksschädlingsverordnung“. Diese verschärfte den Strafrahmen für Straftaten, die unter Ausnutzung des Kriegszustandes begangen wurden, beispielsweise nachts, wenn Straßen und Häuser zum Schutz vor Luftangriffen verdunkelt waren. Beweise für ein Liebesverhältnis zwischen Katzenberger und Seiler gab es nicht. Beide Angeklagte stritten die Vorwürfe ab.

Am 3. Juni 1942 wurde Leo Katzenberger im Gefängnis München-Stadelheim durch das Fallbeil hingerichtet. Bereits am 24. März 1942 waren seine Ehefrau Claire und sein Bruder Max mit Ehefrau Klara nach Izbica deportiert worden, wo man sie ermordete.

- Christiane Kohl: Der Jude und das Mädchen. Eine verbotene Freundschaft in Nazideutschland, Hamburg 1997.

- Hartmut Frommer/Kathrin Westner: „Ein Justizcollegium weit schlimmer wie eine Diebsbande“. Die Vernichtung von Leo Katzenberger durch das Sondergericht Nürnberg, in: Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg Nr. 85 (1998), S. 315-326.

- Stadtarchiv Nürnberg, C 21/X Nr. 5 Meldekarten.

- Stadtarchiv Nürnberg, F 14 Nr. 6 Konvolut Katzenberger.

- Stadtarchiv Nürnberg (Hrsg.), Gedenkbuch für die Nürnberger Opfer der Schoa (Quellen zur Geschichte und Kultur der Stadt Nürnberg, Bd. 29), Nürnberg 1998, S. 163f.

Stolpersteine in der Nähe