Rot umrandet die Wilhelm-Späth-Straße 65, kurz vor der Kreuzung mit der Rankestraße, die in ihrem weiteren Verlauf die Wodanstraße und die im unteren Bilddrittel verlaufende Guntherstraße überquert. Am rechten Bildrand ist ein Teil der Parkanlage Luitpoldhain zu erkennen. Luftaufnahme 1927.

(Stadtarchiv Nürnberg, A 97 Nr. 416)

Emil Sill

(1904-1944)

Verlegeort: Wilhelm-Späth-Straße 65 Stadtteil: Bleiweiss
Patenschaft: Fliederlich e.V. – queeres Zentrum in memoriam Ralph Hoffmann (†) Verlegedatum: 6. November 2019

Biografie

Am 6. November 2019 verlegte Gunter Demnig vier Stolpersteine für homosexuelle Opfer des Nationalsozialismus in Nürnberg. Fliederlich e.V. übernahm die Patenschaft des Stolpersteins für Emil Sill, der im Gefängnis München-Stadelheim hingerichtet wurde.

Emil Sill kam am 6. August 1904 in Nürnberg als jüngstes von sechs Kindern des Optikers Jean Sill und dessen Ehefrau Maria, geborene Eichenmüller, zur Welt. Nach dem Besuch der Volksschule machte Sill eine Ausbildung zum Schriftsetzer, konnte diesen Beruf wegen einer Erkrankung an Bleikolik jedoch nicht ausüben. Er arbeitete deswegen zunächst als Bürohelfer und dann als kaufmännischer Angestellter bei den Siemens-Schuckert-Werken.

Aus seiner Ausbildungszeit kannte Sill den etwa gleichaltrigen Anton Moertel, mit dem er über viele Jahre hinweg eine Liebesbeziehung hatte. Dass Sill 1933 die Ehe mit Klara Bohle einging und mit ihr eine Tochter zeugte, wurde später von den Ermittlungsbehörden vor diesem Hintergrund lediglich als Versuch gewertet, seine Homosexualität nach außen hin zu verbergen. In den Akten ist von einer „Scheinehe“ die Rede. Nach der Heirat betrieb Sill zusammen mit seiner Frau ein Milchgeschäft.

In den Jahren der NS-Diktatur gelang es Sill lange Zeit, als Homosexueller unerkannt zu bleiben und einer Strafverfolgung zu entgehen. Ins Visier der Ermittler rückte er erst während des Zweiten Weltkrieges. Aufgrund des Verdachtes, homosexuell zu sein, wurde Sill im November 1943 in Untersuchungshaft genommen. Im Zuge der Ermittlungen, die nun folgten, wurde seine Liebesbeziehung zu Moertel aktenkundig sowie einige Fälle, in denen Sill, beispielsweise im Nürnberger Volksbad, sexuelle Kontakte zu jungen Männern gesucht hatte. Wohl aus dem Grund, dass einige der Sexualpartner Sills minderjährig waren, wurde der Fall nicht vor dem eigentlich zuständigen Landgericht zur Anklage gebracht, sondern vor dem Nürnberger Sondergericht verhandelt. Durch drakonische Strafen sollten hier in ausgewählten Fällen Exempel statuiert werden.

Der Prozess gegen Sill fand am 29. Februar 1944 unter dem Vorsitz des fanatischen Nationalsozialisten und Sondergerichtspräsidenten Rudolf Oeschey statt. Sill wurde vorgeworfen, für die „Verbreitung der homosexuellen Abartigkeit unter noch unreifen jungen Menschen“ verantwortlich zu sein. Gestützt auf eines der im Krieg erlassenen Ausnahmegesetze des NS-Regimes, verurteilte das Gericht Sill mit dieser Begründung wegen Verstoßes gegen den Paragraphen 175 zum Tode. Am 4. April 1944 wurde Sill im Gefängnis München-Stadelheim hingerichtet.

- Stadtarchiv Nürnberg, C 21/IX Meldekarte.

- Staatsarchiv Nürnberg, Anklagebehörde bei dem Sondergericht Nürnberg, Nr. 2483.

- Biografische Zusammenstellung von Dr. Matthias Gemählich.

 

Stolpersteine in der Nähe