Rot umrandet die Herrnhüttestraße 8, in der seit 1919 errichteten Gartenstadt Loher Moos gelegen. Etwas östlich (hier rechts) verlaufen die ebenfalls bereits bebaute Ziegelsteinstraße und der von ihr abzweigende Heroldsberger Weg. Im unteren Bilddrittel durchschneiden die Gleise der Ringbahn die Aufnahme von Ost nach West. Luftaufnahme 1927.

(Stadtarchiv Nürnberg, A 97 Nr. 51)

Grete Gräbner

(1912-1971)

Verlegeort: Herrnhüttestraße 8 Stadtteil: Loher Moos
Patenschaft: Rotary Club Nürnberg Kaiserburg Verlegedatum: 11. Juni 2021

Biografie

Gunter Demnig verlegte am 11. Juni 2021 sechs Stolpersteine für Opfer nationalsozialistischer Medizinverbrechen in Nürnberg. Deren Lebensweg erforschten Schülerinnen und Schüler eines P-Seminars des Hermann-Kesten-Kollegs Nürnberg unter der Leitung von Dr. Maren Janetzko und Dr. Pascal Metzger. Das Projekt wurde in Kooperation mit Geschichte Für Alle e.V. durchgeführt. Die Seminarteilnehmer warben beim Rotary Club Nürnberg Kaiserburg erfolgreich um eine Spende für die Verlegung. In dem Projekt wurde unter anderem die Biografie von Grete Gräbner rekonstruiert. Nachdem eine „Erbkrankheit“ bei ihr diagnostiziert worden war, wurde sie zwangsweise sterilisiert.

Margarete, genannt Grete, Gräbner wurde am 21. Juli 1912 in Nürnberg geboren. Sie war das einzige Kind des Kanzleiobersekretärs Friedrich Gräbner und dessen Ehefrau Anna, geborene Schlez. Im Loher Moos bewohnte die Familie ein Reihenhaus in der Herrnhüttestraße 8.

Grete besuchte die Höhere Mädchenschule (das heutige Labenwolf-Gymnasium) und die Höhere Handelsschule für Mädchen (die heutige Wirtschaftsschule). Anschließend arbeitete sie als Stenotypistin und Kontoristin.

Gelegentlich litt Grete unter epileptischen Anfällen, woraufhin sie ihr Hausarzt gemäß dem „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ anzeigte. Hitler hatte das Gesetz bereits im Juli 1933, wenige Monate nach seiner Machtübernahme, erlassen. Es trat zum Jahresanfang 1934 in Kraft. Sogenannte „Erbgesundheitsgerichte“ entschieden über die Unfruchtbarmachung einer Person, wobei die Betroffenen nur schriftlich gehört wurden. Die Verhandlungen fanden nicht öffentlich statt. Alle an dem Zwangseingriff beteiligten Ärzte und Pfleger waren zur Verschwiegenheit verpflichtet.

Das Erbgesundheitsgericht Erlangen ordnete für Grete die Sterilisation an. Sie und ihr Vater versuchten mit allen Mitteln, aber letztendlich vergebens, das Urteil abzuändern. Der Eingriff wurde am 4. August 1938 im Klinikum Nürnberg ambulant durchgeführt.

Wenige Monate nach Ende des Zweiten Weltkriegs stellte Grete beim Nürnberger Gesundheitsamt den Antrag, den Eingriff rückgängig zu machen. Die Behörde hatte aufgrund der geänderten Gesetzeslage nichts dagegen einzuwenden. Ob der Versuch unternommen wurde, ist nicht dokumentiert.

Grete Gräbner wohnte bis zuletzt in ihrem Elternhaus. Gemäß ihrer Sterbeurkunde starb sie zwischen dem 27. Januar und 1. Februar 1971. Sie dürfte allein gelebt und keine engen Angehörigen gehabt haben.

- Stadtarchiv Nürnberg, C 48/II Nr. 4249.

- Stadtarchiv Nürnberg, C 21/IX Meldekarte.

- Standesamt Nürnberg, Standesregisterauszug.