Statement von Nancy Freund Heller
Max Freund wurde am 27. März 1885 in Kleinwallstadt, Deutschland, geboren. Max Freund war das sechste von elf Kindern. Seine Eltern waren Liebmann Freund (1848 – 1918) und Sara Grünbaum Freund (1856 – 1907).
Die Familie Freund lebte mindestens seit dem Jahr 1700 in Kleinwallstadt und war wahrscheinlich schon früher in Bayern ansässig. Der Urgroßvater von Max, Liebmann Freund, war ein Schutzjude, was ihm erlaubte, Eigentum zu besitzen und ein Geschäft zu führen. Ich bin sicher, dass Liebmann sich nie vorstellen konnte, dass seine große Familie eines Tages aus dem Land fliehen würde, das sie seit Hunderten von Jahren ihre Heimat nannte, damit sie ihr Leben retten konnten.
Von Liebmanns 11 Kindern starb ein Sohn im Säuglingsalter. Ein Sohn, Moritz, fiel als deutscher Soldat im Ersten Weltkrieg in Frankreich. Damit blieben neun Kinder übrig. Sieben von ihnen entkamen aus Deutschland, bevor ihre deutschen Mitbürger sie ermorden konnten.
Zwei Geschwister, Max und seine Schwester Karoline, schafften die Flucht nicht und wurden von ihren deutschen Mitbürgern ermordet, Karoline in Theresienstadt, Max und Bella in Riga. Für Karoline Freund, verheirate Lehmann, haben wir letztes Jahr hier in Nürnberg in der Glockenhofstraße 12 einen Stolperstein verlegt.
Heute gedenken wir Max Freund und seiner Frau Bella Gerngroß Freund. Bella Freund geborene Gerngroß wurde am 9. Oktober 1894 in Nürnberg, Deutschland, geboren. Ihre Eltern waren Emanuel Gerngroß und Nanny Gerngroß (geborene Kohn). Bellas Vater wurde im nahgelegenen Fürth geboren und starb 1940, während ihre Mutter Nanny (geboren in Ebelsbach) 1939 starb, vermutlich an einem Herzinfarkt. Über Bellas unmittelbare Familie Gerngroß ist wenig bekannt.
Max und Bella heirateten am 6. Februar 1919 in Nürnberg. Gemeinsam hatten sie einen Sohn, Walter Liebmann Freund. Walter wurde am 24. März 1920 geboren und floh im Dezember 1938 aus Deutschland nach Amerika. Nach allem, was man hört, waren Max und Bella ein glückliches Paar. Aus zahlreichen Briefen geht hervor, dass beide Eltern ihren Sohn Walter leibten und hofften, in Amerika wieder vereint zu sein.
Mit einigen seiner Brüder betrieb Max ein Unternehmen. Die Firma „Gebrüder Freund“ wurde von Max und seinem Bruder August gegründet. August gab seinen Anteil an seinen jüngsten Bruder Hugo, meinen Großvater, ab. Die Gebrüder Freund verkauften Lederwaren and später Hypotheken. Max und Hugo besaßen auch Grundbesitz. Max und Bella wurden gezwungen, ihr Haus zu verlassen und eine Wohnung mit anderen Juden zu teilen, da ihre deutschen Nachbarn sie in Ghettos einsperrten.
Hugo, August und die meisten der anderen Geschwister verließen Deutschland. Max bemühte sich, sein Geschäft weiterzuführen, aber die Nazis zwangen ihn es zu schließen. Nach dem Krieg beantragten Max’ Sohn Walter und Max’ Bruder Hugo (mein Großvater) eine Entschädigung (Zahlungen der deutschen Regierung an die Opfer der Nazi-Verfolgung). Der Antrag scheiterte. Die Leute, die die Grundstücke „gekauft“ hatten, machten alle möglichen Ansprüche geltend und weigerten sich zu zahlen. Die Familien von Max und Hugo Freund erhielten nichts.
Es ist ein Rätsel, warum Max und Bella Deutschland 1938 nicht mit ihrem Sohn verlassen haben. Wir glauben, dass es einen Rechtsstreit um ein Grundstück in Nürnberg gab, da mehrere Briefe darauf Bezug nehmen und Walter dies gegenüber einem seiner Söhne erwähnte. Es scheint, dass der Rechtsstreit beigelegt wurde, aber es dauerte seine Zeit. Die Zeit war nicht auf der Seite der Juden.
Wir wissen, dass Walter und viele andere in der Familie, nachdem er nach Amerika gegangen war, hart daran arbeiteten, Max und Bella aus Deutschland herauszuholen. Wir haben viele Briefe von Max und Bella an ihren Sohn Walter in Amerika, die zeigen, wie die Familien Freund und Gerngroß verzweifelt versuchten, sie zu retten.
Leo Gerngroß, ein wohlhabender Whiskey-Brenner und vielleicht Bellas Cousin, hätte Max und Bella beinahe gerettet. Leo legte der US-Regierung eidesstattliche Erklärungen zur Unterstützung vor, wie er es bereits für andere Familienmitglieder erfolgreich getan hatte. Das Außenministerium akzeptierte sie für Max und Bella nicht, weil ein Beamter entschied, dass Leo bereits für zu viele andere Verwandte Unterstützung zugesagt hatte. (Das war lächerlich. Leo war wohlhabend genug, um sie alle zu unterstützen. Und seine Unterstützung wurde nicht gebraucht. Alle Freunds, die nach Amerika geflohen sind, haben sich selbst versorgt. Keine erhielt irgendeine Art von öffentlicher Unterstützung.)
Auf der Seite der Freunds arbeiteten auch ihr Cousin Louis Joseph und die Geschwister von Max hart. Louis Joseph, ein wohlhabender Angestellter der Wilson Meat Packing Company in Chicago, gab vielen verzweifelten jüdischen Deutschen, darunter auch meinem Großvater Hugo Freund, eidesstattliche Erklärungen und Geld. Aber als Max und Bella ein Visum für die USA beantragten, lehnte das Außenministerium auch Louis Josephs Papier ab, weil er, wie Leo Gerngroß, „zu vielen“ Juden Hilfe angeboten hatte.
Da Max und Bella nicht in die USA einreisen durften, suchte Leo nach anderen Möglichkeiten der Flucht. Leo schreib Walter, er habe Max und Bella telegrafiert und ihnen mitgeteilt, dass die kubanische Gesandtschaft in Berlin am 8. November 1941 Visa für sie ausgestellt habe – zweifellos, weil Leo Geld gezahlt und Beziehungen genutzt hatte. Leo fuhr fort, dass andere etwa zur gleichen Zeit Vorkehrungen getroffen hatten, um auszureisen.
Die Nachrichten über die Zustände in Deutschland waren in Amerika bekannt. Max’ Bruder David Freund schreib am 12. November 1941 an Max’ und Bellas Sohn Walter: „Die Nachrichten von draußen sind so schockierend, dass man mit der Angst, in der diese Menschen jede Minute leben, mitfühlen muss. Möge Gott ihnen gewähren, dass sie alles tun können, um herauszukommen.“
Die letzte Brief von Max und Bella an ihren Sohn wurde am 21. November 1941 geschrieben. Entweder wussten sie noch nicht, dass sie für ein Visum nach Kuba in Frage kamen, oder sie hofften immer noch, ihrem Sohn in Amerika zu folgen. In diesem Brief schrieben sie, dass sie sich an das US-Konsulat gewandt hatten, um ein Visum zu beantragen, und dass weitere bürokratische Hindernisse hinzugekommen waren.
Acht Tage später, am 29. November 1941 – neun Tage bevor Deutschland den USA den Krieg erklärte – wurden Max und Bella nach Jungfernhof deportiert, einem abgelegenen landwirtschaftlichen Gebiet in Lettland in der Nähe des Ghettos von Riga. Es gab keine Zäune, denn der Hof lag mitten in Nirgendwo; eine Flucht war unmöglich. In ein paar unbeheizbaren Scheunen und Viehställen mit klaffenden Löchern wurden grob behauene Baracken aufgestellt, um fast 4000 Häftlinge unterzubringen. Max und Bella – im Alter von 56 und 47 Jahren als „alt“ eingestuft – wurden wahrscheinlich gleich nach dem Verlassen des Zuges erschossen. Von den 500 Menschen, die mit ihnen transportiert wurden, überlebten nur 9.
Heute erinnert in Lettland nichts mehr an diesen Ort. Der Ort wurde in einen öffentlichen Park umgewandelt, der der Erholung und Entspannung dient. Alle Unterlagen über das Lager Jungfernhof wurden vernichtet.
Heute würdigen wir die Verdienste der Sohnes von Max und Bella, Walter Freund, der sich dem amerikanischen Spionagedienst, damals OSS und später CIA genannt, im Kampf gegen die Nazis anschloss. Als deutscher Muttersprachler kehrt Walter nach dem Ende des Krieges als Militärgouverneur nach Deutschland zurück, wo er die Spionagetätigkeit gegen den Sowjets überwachte. Walter, ein amerikanischer Patriot, arbeitet seine gesamte Karriere für die CIA. Seine Familie ist stolz auf seinen Dienst.
Walter, ein Einzelkind, hat seine ganze Familie verloren.
Lasst uns Max und Bella Freund nicht vergessen.
Zichronam l’vracha.
Möge die Erinnerung an sie ein Segen sein.