Rot umrandet die Leyher Straße 25. Parallel dazu durchschneiden der Ludwigskanal und die Bahnlinie die Aufnahme von Südosten nach Nordwesten (hier von rechts nach links), darüber verläuft in etwas Abstand die Fürther Straße. Am linken Bildrand ist als monolithischer Block der Hochbunker in der Leyher Straße zu erkennen. Luftaufnahme 1944.

(Bildarchiv Foto Marburg)

Alfred Zöller

(1912-1940)

Verlegeort: Leyher Straße 25 Stadtteil: Gaismannshof
Patenschaft: Fliederlich e.V. – queeres Zentrum in memoriam Ralph Hoffmann (†) Verlegedatum: 9. November 2018

Biografie

Am 9. November 2018 kam Gunter Demnig zu einer Stolpersteinverlegung nach Nürnberg. An diesem geschichtsträchtigen Datum, dem 80. Jahrestag der „Reichskristallnacht“, verlegte er Stolpersteine für jüdische und homosexuelle Opfer des Nationalsozialismus. Fliederlich e.V. übernahm die Patenschaft für Alfred Zöllers Stolperstein. Zöller wurde 1940 im KZ Sachsenhausen ermordet.

Alfred Zöller kam am 11. Juli 1912 in Fürth zur Welt und machte nach dem Besuch der Volksschule eine Lehre zum Tapezierer und Dekorateur. Anschließend arbeitete er als Packer bei den Triumph-Werken, die Fahrräder und Schreibmaschinen herstellten. Sein Vater war dort Fabrikmeister.

Zöllers Eltern stellten frühzeitig fest, dass sich ihr Sohn nicht für Mädchen interessierte, was sie nicht akzeptieren wollten. Deshalb kam es bald zu massiven Konflikten zwischen ihnen und ihrem Sohn. Im Frühjahr 1931, also im Alter von 18 Jahren, hinterlegte Zöller einen Abschiedsbrief und flüchtete aus dem Elternhaus. Er ging nach Frankfurt am Main, wo er offenkundig auf der Straße lebte und aufgrund seiner sexuellen Orientierung erstmals Opfer staatlicher Repression wurde. Im Juni 1931 verurteilte ihn das Amtsgericht Frankfurt am Main wegen Verstoßes gegen den Paragrafen 175 zu einer zweimonatigen Haftstrafe, die er im Strafgefängnis Preungesheim verbüßte. Danach kehrte er nach Fürth zurück.

In Nürnberg besuchte Zöller Treffpunkte der sich damals entwickelnden homosexuellen Szene und baute sich dort einen Freundeskreis auf. Unweigerlich geriet er so erneut in Konflikt mit der Staatsmacht. 1934 wurde der damals 22-jährige Zöller erstmals bei einer Polizeirazzia in der Kneipe „Zur Burg“, einem bekannten Homosexuellentreffpunkt, in der Nürnberger Innenstadt festgenommen. Es folgten weitere Vorfälle, bei denen er polizeilich behandelt wurde.

Nach einer Denunziation durch einen Sexualpartner kam es im November 1936 zu einer erneuten Strafanzeige gegen Zöller. Das Verfahren gegen ihn war Teil breit angelegter Ermittlungen der Kriminalpolizei gegen die ehemaligen Mitglieder des Homosexuellenvereins „Silhouette“, gegen die die Staatsanwaltschaft im März 1937 vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth Anklage erhob. Zöller wurde in dem Prozess zu einer achtmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt. Mit erkennbarem Missfallen stellte das Gericht fest, dass er kein Geständnis abgelegt und sich bis zum Schluss „uneinsichtig“ gezeigt habe.

Nachdem er seine Haftstrafe verbüßt hatte, zog Zöller nach Nürnberg in die Leyher Straße und arbeitete als Zeitungsausfahrer für das „8 Uhr-Abendblatt“. Fortan lebte er unter ständiger Beobachtung durch die Kriminalpolizei. Im Juli 1938 wurde er beispielsweise festgenommen, nachdem Polizeibeamte ihn zusammen mit dem ebenfalls im „Silhouette“-Prozess verurteilten Rudolf Koch im als Homosexuellentreffpunkt geltenden „Wirtschaftsraum 3. Klasse“ im Nürnberger Hauptbahnhof angetroffen hatten. Aufgrund der Vorstrafen der beiden reichte allein diese Tatsache für eine Festnahme aus. Da Zöller und Koch jedoch vehement bestritten, miteinander intim geworden zu sein, musste die Polizei sie einen Tag später wieder auf freien Fuß setzen.

Im Jahr darauf muss sich jedoch ein weiterer Vorfall ereignet haben, und dieses Mal hatten die Polizeibeamten allem Anschein nach eine Handhabe gegen Zöller. Für Dezember 1939 ist jedenfalls seine Einweisung in das Konzentrationslager Sachsenhausen belegt, die offenkundig auf Anordnung der Nürnberger Kriminalpolizei erfolgte. Das Lager war dafür bekannt, dass Homosexuelle dort auf besonders grausame Art und Weise gequält und misshandelt wurden. Zöller gehörte zu den Häftlingen, die diese Torturen nicht überlebten. Im Mai 1940 wurde er im KZ Sachsenhausen ermordet. Als Todesursache teilte die Lagerleitung dem Standesamt Oranienburg „Schädelbasisbruch bei Schlägerei“ mit. Es muss offenbleiben, ob er von anderen Häftlingen oder von Angehörigen der Lager-SS erschlagen wurde.

- Stadtarchiv Nürnberg, C 21/IX Meldekarte.

- Staatsarchiv Nürnberg, Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Nürnberg-Fürth II, Nr. 759.

- Staatsarchiv Nürnberg, Kriminalpolizeileistelle Nürnberg-Fürth, Nr. 176.

- Hessisches Hauptstaatsarchiv, 409/4: Strafgefängnis Frankfurt a.M.-Preungesheim, Nr. 8575.

- Biografische Zusammenstellung von Dr. Matthias Gemählich.