Das Haus am Schuckertplatz 6 ist das dritte von rechts. Fotografie März 1944.

(Stadtarchiv Nürnberg, A39/I Nr. 709R)

Rot umrandet der Schuckertplatz 6. Die Gebäude in der Bildmitte entlang der Helmholz-, Gauß- und Gugelstraße gehören zur Baugenossenschaft Sigmund Schuckert. Der Schuckertplatz hingegen wurde erst wenige Jahre nach der Entstehung dieses Fotos bebaut. Luftaufnahme 1927.

(Stadtarchiv Nürnberg, A 97 Nr. 409)

Richard Pongratz

(1910-1945)

Verlegeort: Schuckertplatz 6 Stadtteil: Rabus
Patenschaft: Bastian Brauwer und Andreas Hentschel Verlegedatum: 9. November 2018

Biografie

Am 9. November 2018 kam Gunter Demnig zu einer Stolpersteinverlegung nach Nürnberg. An diesem geschichtsträchtigen Datum, dem 80. Jahrestag der „Reichskristallnacht“, verlegte er Stolpersteine für jüdische und homosexuelle Opfer des Nationalsozialismus. Bastian Brauwer und Andreas Hentschel übernahmen die Patenschaft für Richard Pongratz‘ Stolperstein. Pongratz starb 1945 im KZ Gusen.

Richard Pongratz kam am 18. Juni 1910 in Nürnberg zur Welt und wuchs bei seiner alleinerziehenden Mutter Franziska auf. Nach dem Besuch der Schule absolvierte er eine kaufmännische Ausbildung bei der Textilwarengroßhandlung Guldmann, wo er danach angestellt wurde. Bereits als junger Mann kam er aufgrund seiner Homosexualität in Konflikt mit Polizei und Justiz. Unter anderem wurde er 1937 wegen Verstoßes gegen den Paragraphen 175 zu einer neunmonatigen Gefängnisstrafe verurteilt, die er im Strafgefängnis Ebrach verbüßte.

Der staatlichen Repression zum Trotz akzeptierte Pongratz offenkundig seine Homosexualität und konnte in ihr nichts Falsches sehen. In einem später angefertigten psychologischen Gutachten über ihn heißt es verächtlich, er sei ein „haltloser Homosexueller“, schäme sich dafür jedoch in keiner Weise und fühle sich als „unschuldig Verfolgter“. In jedem Fall baute sich Pongratz in Nürnberg einen homosexuellen Freundeskreis auf, der jedoch Anfang 1939 zum Ziel von polizeilichen Ermittlungen wurde. In deren Zuge machte ein 19-jähriger Bekannter Pongratz’ eine umfangreiche Aussage, in der er mehrere seiner Sexualpartner denunzierte. Dabei nannte er auch den Namen von Pongratz, der daraufhin in seiner Wohnung am Schuckertplatz verhaftet und in Untersuchungshaft genommen wurde.

Der nun folgende Prozess gegen ihn und drei weitere Männer fand am 13. Juni 1939 vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth statt. Er endete für Pongratz damit, dass das Gericht ihn zu einer Gefängnisstrafe von zwei Jahren verurteilte. Sein Rechtsanwalt, der die Strafe als zu hoch ansah, legte gegen das Urteil jedoch Revision ein, was fatale Folgen hatte: Das Reichsgericht in Leipzig beanstandete in seiner Prüfung des Urteils nicht das Strafmaß, monierte aber, dass bei Pongratz offenkundig ein „Hang zu gleichgeschlechtlichen Verfehlungen“ vorliege und dieser daher möglicherweise als „gefährlicher Gewohnheitsverbrecher“ anzusehen sei. In einem neuen Prozess bestätigte das Landgericht Nürnberg-Fürth im Februar 1940 daher nicht nur die zweijährige Gefängnisstrafe, sondern verhängte gegen Pongratz zusätzlich Sicherungsverwahrung. Das bedeutete, dass Pongratz auch nach der vollständigen Verbüßung seiner Strafe nicht freikam. Die folgenden beiden Jahre war er im Strafgefängnis Ebrach inhaftiert.

Im Dezember 1942 überstellte man ihn als Sicherungsverwahrten in das KZ Mauthausen, wo er bis Kriegsende verblieb. Bei Mauthausen handelte es sich um ein Konzentrationslager der Stufe III, in dem die Häftlinge durch Schwerstarbeit planmäßig vernichtet wurden. Die Todesrate unter den Insassen war hier besonders hoch. Heutige Schätzungen gehen davon aus, dass über 90.000 Menschen in Mauthausen ums Lebens kamen, bis das Lager schließlich im Mai 1945 von der US-Armee befreit wurde. Pongratz erlebte das Eintreffen der Amerikaner im Mauthausener Außenlager Gusen. Er war von den Qualen der KZ-Haft aber offensichtlich zu geschwächt, um das Lager noch einmal verlassen zu können. Am 12. Juli 1945 starb Pongratz im Lazarett in Gusen. Er wurde auf dem Lagerfriedhof begraben.

- Stadtarchiv Nürnberg, C 21/IX Meldekarte.

- Staatsarchiv Nürnberg, Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Nürnberg-Fürth II, Nr. 1141.

- Auskunft der KZ-Gedenkstätte Mauthausen, 23. August 2017.

- Biografische Zusammenstellung von Dr. Matthias Gemählich.

Stolpersteine in der Nähe