Biografie von Dr. Aron Cohn, verfasst von seiner Nichte Ruth Reinecke

Aron Cohn wurde am 18.Oktober 1904 als ältester Sohn des Metallhändlers Sally Cohn und seiner Frau Gella Cohn, geborene Schwab, in Nürnberg geboren. Er hatte zwei jüngere Geschwister, seinen Bruder Leopold und seine Schwester Emma. Sie wohnten in der Frauentormauer Nr. 42; dort befand sich auch der Metallhandel des Vaters. Sally Cohn verstarb 1920 an der Spanischen Grippe.

Aron besuchte von 1910 bist 1914 die Volkschule in Nürnberg, von 1914-1917 die israelitische Realschule in Fürth und das Realgymnasium in Nürnberg von 1917- 1919. Nach dem Tod des Vaters musste er seine Schulausbildung abbrechen und begann eine kaufmännische Lehre, um den väterlichen Betrieb zu unterstützen. Zugleich bildete er sich von 1919 bis 1921 weiter fort an der Unterrichtsanstalt des Vereins Merkur in Nürnberg.

1928 begann er ein Studium, als außerordentlicher Student in Genf und wechselte 1929 zum Studium nach Wien. Er legte 1932 als Externist am Bundes-Real-und Obergymnasium in Klosterneuburg bei Wien die Reifeprüfung ab. Ab dem Wintersemester 1932/1933 studierte er an der Universität Erlangen Philosophie, in den Nebenfächern Pädagogik und Kunstgeschichte.

Im Januar 1934 promovierte er mit seiner Dissertation „Hauptprobleme der Wertephilosophie“ zum Dr.phil. an der Universität Erlangen im Fach Philosophie. Eine Kopie seiner Dissertation befindet sich in der British Library in London.

Auf Grund der sich gegen die Juden verschärfenden politischen Situation emigrierte Aron 1936 nach Paris. Seine letzte Nürnberger Wohnanschrift war der heutige Willy-Brandt-Platz 8, wo ein Stolperstein an ihn erinnert.

Im September 1936 ging er nach Amsterdam. Er arbeitete als Direktor eines Chemieunternehmens. Aron lernte dort Gitella Pels mit ihrer Tochter Eva kennen. Sie heirateten 1938. Im Mai 1940 wurden die neutralen Niederlande von der Deutschen Wehrmacht überrollt und besetzt. Aron Cohn verlor seine Position in dem Chemieunternehmen. Seine an verschiedene Länder adressierten Gesuche um Einreisegenehmigungen blieben erfolglos. Arbeit fanden er und seine Frau Gitella bei der Jüdischen Gemeinde in Amsterdam. Am 20. Juni 1943 wurden sie in das Durchgangslager Westerbork verbracht. Im Januar 1944 erfolgte die Deportation nach Bergen-Belsen. Gitella verstarb im Lager am 2.April 1945.

Von Aron ist inzwischen bekannt, dass er krank und schwach im Lager zurückgelassen wurde, als sich der Evakuierungszug der SS („Der verlorene Zug“) in Richtung Osten in Bewegung setzte. In Folge der unmenschlichen Lagerbedingungen starb Aron an Typhus unmittelbar vor der Befreiung des Lagers am 15. April 1945 durch die Britische Armee.

Sein Bruder Leopold Cohn, der sich bereits vor der Machtergreifung Hitlers beruflich nach London orientiert hatte, lebte dort lange mit seiner Familie, bis sie nach Israel übersiedelten.

Emma Cohn schloss sich während ihres Studiums in Hamburg dem antifaschistischen Widerstand an. Sie emigrierte 1937 zunächst nach Frankreich, dann nach England. Sie kehrte 1946 nach Deutschland zurück.

Mein Onkel Aron wurde 40 Jahre alt. Ich konnte ihn nicht kennenlernen.

Ruth Reinecke

Tochter von Emma Reinecke, geborene Cohn